Ikat ist eine Webtechnik, bei der das Garn vor dem Weben abgebunden und gefärbt wird. Bevor mit dem Garn ein Webstuhl eingerichtet wird es in lange Bahnen gezogen, wie beim Batiken an verschiedenen Stellen abgebunden und eingefärbt. Das Wort „Ikat“ kommt aus dem Indonesischen und meint soviel wie „Abbinden/Umwickeln.“ Es gibt Ikatstoffe in verschiedenen Orten auf der ganzen Welt, vor allem aber in Indonesien/Malaysia, in Japan und in Zentralasien. Während in den meisten Ländern ein doppelter Ikat herstellen wird, das heisst ein Ikat, bei dem sowohl der Kett- als auch der Schußfaden mit Abbinden eingefärbt wurde, wird in Usbekistan nur der Kettfaden abgebunden und gefärbt.
In Usbekistan nennt man Ikatstoffe auch „Abr“, was aus dem Persischen kommt und soviel wie „Wolke“ bedeutet. „Abrbandi“ meint dann die Technik des Abbinden, durch die das Ikatmuster dann entsteht. Das kompliziert zu gestaltende Design durch Abbinden und Färben wird meistens von speziellen Ikatmeistern übernommen. Früher ging es zum Färben zu vielen unterschiedlichen Färbern, je nachdem auf welche Farbe ein Färber spezialisiert war. Wenn der gefärbte Faden auf dem Webstuhl eingerichtet ist, kann man das Muster ganz deutlich erkennen. Das Weben an sich ist dann ein eher einfacher Prozess.
Während der Sowjetära wurden die Ikatstoffe anfangs noch in Kooperativen der Handwerker, den Artels, von Hand hergestellt. Diese einzigartigen Textilien verschwanden mit den großen Textilkombinaten, die die Sowjets in den 60e/70er Jahren in Usbekistan einrichteten. Während die Motiventwicklung noch von Hand erfolgte, halfen beim Abbinden zum Teil schon Maschinen, das Weben wurde dann ganz von Maschinen übernommen. In den Kombinaten wurden leider mit der Verwendung chemischer Farben viele Fehler gemacht. Viele der zwischen 1970-1990 entstandenen Stoffe sind deshalb nicht farbecht.
Heute sind die meisten Ikatstoffe aus Atlas maschinell gewebt. Seid dem Ende der Sowjetunion gibt es eine große, von der Regierung unterstützte Hinwendung zum Handwerk. Besonders im Ferganatal ist die Zahl der Manufakturen, die Ikatstoffe komplett von Hand herstellen, sehr gewachsen. Hier lassen heute Firmen wie Gucci oder Dries van Noten Ikats produzieren, wenn sie damit arbeiten. Das dem Staat daran gelegen ist, das Handwerk wieder zu etablieren zeigen nicht zuletzt solche Maßnahmen wie Steuerfreiheit für die Handwerker.
Richtige Faux-Ikat Prints, die Doppis, wie sie zwischen 1960-1990 den zentralasiatischen Markt überschwemmten, findet man heute kaum noch. Dafür aber wieder viele alte textile Handwerkstechniken, die lange nicht produziert wurden, wie der Baghmal, ein Ikat aus dicken, flauschigen Seidensamt. Neben der reinen Seide mit Ikatmuster ist der Adras ein weiterer wichtiger Stoff der Usbeken. Ein strapazierfähiger Stoff mit einem schönen Glanz, mit Kettfäden aus Seide und einem Schussfaden aus Baumwolle. Ist er gestreift wird er Bakasab genannt. Als Ikat gibt es ihn auch. Zum Glück.
Noch mehr wissen über Stoffe in Usbekistan.
Bilder von oben nach unten:
1. Lehrer mit Schülern in Samarkand. Sergei Mikailovich Prokudin-Gorskii, zwischen 1905-1915. Library of Congress Prints & Photographs Division Washington, D.C. 20540 USA
2. Turkmenisches Mädchen vor einer Jurte. Sie trägt mindestens zwei Mäntel übereinander, wobei der Äußere aus Seidenikat ist. Sergei Mikailovich Prokudin-Gorskii, zwischen 1905-1915. Library of Congress Prints & Photographs Division Washington, D.C. 20540 USA
3. Sehr schöner Ikat, fotografiert in der Akba-Gallery in Bukhara.
4-6. So sieht der gefärbte Kettfaden in der Ikatweberei aus. Das Weben selbst geht dann kinderleicht.
7. Usbekin auf dem Markt in Bukhara in einem typischen 70er Jahre Ikat-Kleid in schreienden Farben.
8. Auch solche Muster kann man mit Ikat Technik machen. Wenn man es kann. Stoff gesehen im Akhba Haus in Bukhara.