Bäuerliche Innenraumgestaltung in Rumänien

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Man findet in den rumänischen Bauernstuben alle Gattungen der Volkskunst. Neben Textilien, Holzschnitzereien und Skulpturen sind es Keramiken, Korbwaren und Gegenstände aus Eisen, die man in den alten Stuben finden kann. Nicht alles wurde dabei künstlerisch verziert und gestaltet, in der Regel aber die Möbel wie Tische, Stühle und Bänke, die Bretter mit Haken für Krüge, die Regale für Wandteller, die Eck- und Wandschränke und natürlich die Aussteuertruhen. Bemalt wurden die Möbel allerdings nur in Transsilvanien oder im Banat.

Der Reichtum und die Üppigkeit der rumänischen Bauernstuben ist in erster Linie auf die verwendeten Textilien zurückzuführen. Wände, Betten und Tische sind gerne mit Stoffen bedeckt, ob bestickte Kissen oder Tischdecken, gewebte Wollteppiche für Boden und Wände oder bestickte Handtücher, die um Teller oder Bilder gelegt wurden. Diese Fülle ist das wichtigste Gestaltungselement der rumänischen Bauernstube. Die Anordnung der Handtücher an den Wänden, die auf dem Bett mit der verzierten Seite nach vorne gestapelten Kissen, die voll bestickten Wandbehänge und Tischdecken lassen darauf schliessen, das es hier wohl eine Art Horror vacui gab, die Angst vor leeren Räumen.

Für Heimtextilien wurden eindeutig geometrische Motive wie Rhomben oder mäandrische Linien bevorzugt. Nur im Banat, ab und an in Maramures und im mittleren Teil Transsilvaniens findet man auch Blumenmotive. Im Süden Rumäniens wurden Darstellungen von Tieren und Menschen bevorzugt. In einigen Regionen Rumäniens wurden die Stickereien aussen an die Hauswand gehängt, um zu zeigen, das hier ein heiratsfähiges Mädchen wohnt.

Die gesamte Volkskunst der Rumänen entwickelte sich unmittelbar aus dem thrako-dakischen Kulturkreis, wurde aber auch von griechisch-römischen und byzantinischen Strömungen berührt. Später dann wurde die Volkskunst der Rumänen natürlich auch sehr von den anderen Völkern, wie den Sachsen, Szeklern oder Ungarn beeinflusst, die in Rumänien lebten.

Von Anfang an hatte die rumänischen Volkskunst einen betont dekorativen Charakter, der in all ihren unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum Ausdruck gekommen ist, ob es nun Trachten, Keramiken oder Holzarbeiten waren. Denn die Bauern versuchten mit ihren Schöpfungen immer das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden. Generell ist die Volkskunst eng mit der Arbeit, der Wirtschaft, dem sozialen Leben, dem Brauchtum und dem Glauben verbunden. Sie zeichnet sich stilistisch durch ihr Gleichgewicht und Gleichmass sowie eine sehr präsente Idee von Rhythmus aus. Das gilt auch für Rumänien.

Bis heute ist Rumänien in weiten Teilen des Landes sehr ländlich geprägt. Berge, Wälder und kleine Felder beherrschen die Landstriche. Etwas weniger als die Hälfte der Rumänen arbeitet heute immer noch in der Landwirtschaft und Viehzucht. Aber es leben überwiegend die Alten mit ihren Enkeln in den Dörfer. Alle, die arbeiten gehen können, tun dies in der Stadt oder im Ausland. Fährt man heute durch die oft leeren Dörfer Rumäniens kann man den tiefgreifenden Wandel des Landes deutlich erkennen. Rumänien erholt sich bis heute nur langsam von den langen Jahren der Diktatur und Misswirtschaft der Ceausescu Ära. Zwischen 1965-1989 sollte das Agrarland Rumänien mittels Umsiedlungen in einen Industriestaat verwandelt werden, was in den 70er Jahren zu einer harten Versorgungskrise führte. 2007 wurde Rumänien Mitglied der europäischen Union, was an vielen Stellen des Landes immer noch kaum zu glauben ist. Im ganzen Land gibt es bis heute ca. 250 km Autobahn, die vor allem rund um Bukarest angelegt ist. Ein wenig so wie die rumänische Stickerei, die auch nur dort angebracht wird, wo sie auch zu sehen ist….

Bildunterschriften

von links nach rechts

1. Den Brauch, dekorative Handtücher um Teller zu hängen, findet man auch in den orthodoxen Kirchen. Hier in einem kleinen Bauernladen nahe dem Vadu Izei in Maramures.

2. Stuhlsammlung des Museums “National al Taranului Roman” in Bukarest. 

3.  Im Inneren eines Bauernhauses aus Petrova in Maramures, Mitte des 19. Jh. Freilichtmuseum in Sighetu Marmatiei, Maramures

4. Figuren weben Teppiche im Freilichtmuseum Constanza.

5. Bauernstube im Freilichtmuseum Constanza

6. Im Inneren eines Bauernhauses aus Petrova in Maramures, Mitte des 19. Jh. An horizontalen Stangen werden unterschiedliche Textilien als Schmuckelement gehängt. Hält auch warm. Freilichtmuseum in Sighetu Marmatiei, Maramures

7.  Bauernstube Mitte 19. Jh aus Tara Chioarului in Maramures. Freilichtmuseum in Sighetu Marmatiei, Maramures

8. Bauernstube Mitte 19.Jh aus Tara Chioarului in Maramures. Freilichtmuseum in Sighetu Marmatiei, Maramures

9. Kacheln von 1841  Museums “National al Taranului Roman” in Bukarest.

10. Geschäftsdekoration in einem Geschäft in der Bukowina.

11. Tellersammlung des Museums “National al Taranului Roman” in Bukarest.

12. Der klassische dreibeinige Hocker. Hier im  “National al Taranului Roman” in Bukarest.