Die Verarbeitung von Hanf und Flachs gehört kulturgeschichtlich zu den ältesten Arten der Textilverarbeitung überhaupt. Auch in Rumänien wurde schon im Altertum von den Dakern Hanf und Leinen für ihre Kleidung hergestellt. Die traditionelle, bäuerliche Verarbeitung von Leinen und Flachs in den letzten Jahrhunderten funktionierte in etwa so:
In der Regel lagen die Hanffelder nahe am Dorfrand, unabhängig von der Fruchtfolge. In den Karpaten war es üblich, das die Frauen alle Arbeiten, die in Zusammenhang mit Textilien standen, übernommen haben. Dazu gehörte sowohl das Pflanzen und Ernten von Hanf und Flachs, sowie das Spinnen, Weben oder Sticken. Deshalb konnten diese Ackerflächen auch Mädchen erben, denn schließlich waren sie es, die den Hanf bearbeiteten, und feines Leinen aus Flachs und grobes Leinen aus Hanf anfertigten.
Da auf den winzigen Parzellen jedes Jahr die gleiche Kultur angebaut wurde, musste der Boden gründlich gedüngt und bearbeitet werden. Vor allem der Flachs war in dieser Hinsicht anspruchsvoll. Die Bearbeitung des Bodens und die zeitige Aussaat waren dann allerdings die Aufgabe der Männer. Nach der Ernte wurde der Hanf „geschmolzen“ die Rumänen nennen so das „kaltrösten“. Die Pflanzen werden so lange in gestaute Wasserstellen gelegt, bis die Holzteile anfangen zu faulen. Danach wird der Hanf getrocknet und gebrochen. Als weitere Verfeinerung folgt das Durchhecheln der Fasern, wozu man ein Holzbrett mit aufrecht stehenden spitzen Nägeln braucht, die sogenannte Hechelbank, auf rumänisch „raghila“.
Erst im Spätherbst, wenn alle Feldarbeiten beendet waren, holten die Bäuerin den Hanf für die Weiterverarbeitung wieder hervor. Für die jungen und heiratsfähigen Mädchen und die verheirateten Frauen gab es verschiedene Bereiche in den Spinnstuben, mit einer festgesetzte Platzverteilung. Die Älteren saßen in der Nähe der Tür, die Jüngeren im hinteren Teil des Zimmers. Man trug zwar keine Feiertagskleidung, doch zogen sich die Frauen und Mädchen ein hübscheres Kleid an als bei der täglichen Arbeit. Wenn die Männer mit ihrer Arbeit fertig waren, kamen sie auch in die Spinnstube. Dann wurde geflirtet, gelacht und gesungen, getanzt und bestimmt auch gesoffen. Die Spinnstube bedeutete nicht nur angenehme Arbeit in Gesellschaft und Unterhaltung, sondern war auch der Ort, an dem sich die Jugendlichen kennenlernen konnten. Eine Art Kuppel- Arbeits-Dorfclub.
Zum Ende des Winters folgte dann die Garnwäsche, eine Arbeit, die ebenfalls gemeinsam verrichtet wurde. Zuerst wird das Hanfgarn in Aschenlauge ausgekocht, dann zu Hause oder im Wasser der Flüsse und Seen ausgewaschen. Beim Auswringen halfen die Männer, die auch das tonnenschwere gewaschene, nasse Garn vom Fluss oder vom Bach zurückbrachten. Nachdem es vor dem Haus oder auf dem Zaun getrocknet wurde, konnte man es aufwickeln und bis zum Frühjahr weglegen, bis man mit dem Färben und Weben begann.
Die Hanf- und Flachsverarbeitung war einschließlich der bäuerlichen Hausweberei eine typische Frauenarbeit. Die Männer übernahmen nur die Aussaat, die Ernte und das Rösten der Faserpflanzen. Nur in den Städten waren die Leinweber ausschließlich Männer. Sie webten aus fertigem Garn, das sie entweder kauften oder das ihnen die Bäuerinnen als Bezahlung oder als Material für ihre Bestellung zum Weben brachten. Ab und zu ließen die Bäuerinnen auch glatte Leinwand beim Leinenweber anfertigen, da dieser auf seinem Webstuhl breiteren Stoff weben konnte. Meistens jedoch bestellten sie bei ihm nur gemusterte Stoffe.
Mehr über die Volkskunst in Kalotaszeg.
Fotos, von oben nach unten:
1. Frauen beim Spinnen. Foto: Györffy István. Méra 1922. Aus dem Archiv des ethnologischen Museum in Budapest. Neprajzi Museum Budapest.
2. Frauen beim Spinnen. Foto: Szabó Dénes, Huedin ( Bánffyhunyad) 1940 Aus dem Archiv des ethnologischen Museum in Budapest. Neprajzi Museum Budapest.
3. Rumänische Frau am Webstuhl. Ca 1970-80
4. Ausgebreitete handgewebte Leinenbahnen