Wenn man in Südchina, in der Provinz Guizhou, in ein Dorf der Dong kommt, sieht man garantiert sehr schnell die blaue Spuren. Da stehen Töpfe mit tiefblauer, dicker Flüssigkeit vor den Türen oder Basteimer mit blauen Pulver, auf den Steinen sind Flecken, der Bach hat eine lila Färbung und die gefärbten Textilbahnen hängen von den Häusern, als hätte Christo vergessen, das Einpacken zu beenden. Besonders in den Wintermonaten, wenn neben der Landwirtschaft die Zeit dafür da ist, ist die Hochsaison der Indigofärberinnen. Fleissig und schnell, wie die Chinesen nun mal sind, wird hier täglich in den Töpfen gerührt und der Stoff getunkt, gefärbt, gefärbt und gefärbt, gewaschen, getrocknet und geklopft, geklopft, geklopft. Bis dann am Ende die sauber gerollten Stoffrollen mit einem Bändchen versehen in den Holztruhen auf ihre Weiterverwendung warten. Nicht alle Frauen der Dong sind Färberinnen, aber viele. Für das Färben der Stoffe mit Indigo und die spezielle Nachbehandlung der Textilien mit Kräutern, Eiweiß oder auch Blut hat jede Frau ihr eigenes System. Es ist wie das geheime Apfelkuchenrezept der Grossmutter. Gerne streng geheim und immer etwas anders als bei der Nachbarin.
Diese Region im südchinesischen Guizhou wird Landian genannt, was soviel wie Indigo bedeutet. Neben den Dong sind auch die Miao, Gejia und Bouyei große Indigofärber. Alle beherrschen die Technik des Satinierens, die den Stoff glänzend, glatt und fest macht. Solche glänzenden Indigostoffe gibt es auf ähnliche Art hergestellt auch im Yemen oder in Mali. Das Indigo selbst ist eine grüne, kurze Pflanze, deren Blätter zur Farbstoffgewinnung ausgekocht werden und die dann an der Luft oxidiert. Der Sud wird zu einer Paste eingekocht, die mehrmals bzw. das ganze Jahr zum Färben verwendet werden kann. Auch die fertigen Farbtöpfe, die sich vor den Häusern stapeln, werden immer wieder verwendet.
Es gibt bei den Dong drei verschiedene Typen von Indigostoffen. Der „einfachen“ Indigostoff wird bis zu dreimal am Tag über mehrere Tage hinweg eingefärbt und bekommt so seinen tiefen Blauton. Der bräunlich, lilafarbenen Indigostoff wird durch die Zugabe von verschiedenen Kräuter, Büffelhautextrakt und/oder Blut Rezeptur erreicht. Dieser Stoff wird ebenfalls mehrmals gefärbt und dann aber noch mit einem Holzschlegel geklopft und bearbeitet, bevor er so ist, wie er sein soll. Und dann gibt es noch einen extrem glänzenden Stoff mit Papieroptik, der durch Eiweiß seine Beschichtung bekommt. Auch hier wird der Stoff mehrmals gefärbt und so lange geschlagen bis er seinen perfekten Glanz und seine Dichte erhält. Neben den Dong sind die Miao im benachbarten Ort Basha für diesen Stoff bekannt.
Der Holzhammer, mit dem die Frauen die Stoffe bearbeiten, ist im wahrsten Sinne des Wortes der Hammer. Er ist unglaublich schwer und die Arbeit mit ihm lässt einen jedes Fitnessstudio vergessen. Im 19 Jh. gab es glänzende Indigostoffe auch in Europa, allerdings wurde der Stoff dort weniger schweißtreibend über dicke Rollen gewälzt damit er glänzt.
Bilder rechts, von oben nach unten:
1. So sieht die Indigopflanze aus
2. Solche Töpfe mit fertiger Farbe werden immer wieder verwendet
3. Hier wird das Indigo gerade fertig gekocht
4. Auch die Appretur muss vor dem Verwenden gut gerührt werden.
5. Stoffbahnen hängen glänzend zum Trocknen aus. (Zengshong, Guizhou)
6. Mit solchen Holzhammern wird auf den Stoff eingeschlagen
7. Eine Färberin zeigt ihre gute Truhe
8. Die fertigen Rollen, fertig zum Abtransport.
9. Indigo als Paste
10. Typische Werkzeugpalette einer Färberin in Zhaoxing.
11. Immer mehr Eimer….
12. …und Indigopaste.
13. Hier wird der gefärbte Stoff ausgewaschen. Was unschwer zu erkennen ist. (Zhaoxing, Guizhou)
14. Auch wenn die Stoffe trocknen, wird immer wieder gerne nach dem Rechten gesehen. (Zengshong, Guizhou)
15. So sieht ein Haus im Indigokleid aus. Christo hätte seine Freude daran.