Ein wenig über Bolivien und Peru

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Bolivien und Peru sind neben Guatemala, die Länder mit dem größten Anteil indigener Bevölkerungsgruppen weltweit. In Bolivien gehören etwa ein Drittel der Bevölkerung zum Volk der Aymara oder Quechua. Dazu gibt es natürlich auch eine große Anteil an Menschen, die aus Verbindungen zwischen weißer und indigener Bevölkerung stammen. Der Begriff „Mestize“ kommt noch aus der Zeit der spanischen Kolonialisierung und ist bis heute für sie im Sprachgebrauch. Die Conquistadores, die spanischen Eroberer, waren nicht zimperlich um in Südamerika ihren Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Und nachdem es ihnen auch in relativ kurzer Zeit gelang diese vielfältige Kulturlandschaften in Grund und Boden zu stampfen, fanden sie auch schnell ihre „cash cow“, die über zwei Jahrhunderte lang den Großteil des spanischen Staatshaushaltes finanzieren sollte. Der Silberberg von Potosi. Einer kleinen Stadt in den Hochanden auf über 4000 Meter gelegen, die im 16. Jahrhundert durch den Silberwahnsinn die wahrscheinlich größte Stadt der Welt gewesen ist. Und auch die reichste und die höchste. Durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen und die Sklavenhaltung der Minenarbeiter, die sich in erster Linie aus der indigenen Bevölkerung zusammensetzte, verringerte sich ihre Bevölkerung in diesen zwei Jahrzehnten um die Hälfte. Insgesamt starben in den Minen von Potosi acht Millionen Menschen, ein spanischer Völkermord.

Zu Beginn der Kolonialisierung durch die Spanier trugen in Bolivien und Peru nur die Chef´s Kleidung im europäischen Stil. Nach den Aufständen der einheimischen Bevölkerung Ende des 18 Jh. verboten die spanischen Herrscher indigene Kleidung und der europäische Stil wurde zur Pflicht. Dieses Verbot ist die Grundlage der südamerikanischen Trachten, vor allen Dingen ihrer Schnitte.

Jacken zum Beispiel gehörten zuvor nicht zur Grundausstattung einer peruanischen Tracht, heute aber schon. Allerdings reich bestickt und mit eigenen  Mustern verziert. Auch der Poncho ist eine Mestize der Bekleidung, ein Stück Kleidung zwischen der alten und der neuen Welt. Die Outfits der Frauen sind eine Mischung aus traditionellen und spanischen Elementen. Der Wickelrock, Anacu, eine Umhängedecke (Illiclla) und Chumpi, den Sack. Die Frauen aus Cincero bei Cuszco zum Beispiel tragen enge Bolero-artige Jacken und weite, schwere Wolljacken. Alles fein bestickt und alles mit sehr viel spanischen Touch. Den Frauen und Männern ist es gelungen aus dem Verbot der Spanier, ihre eigenen Kleiderkultur zu leben, eine neue, andere Kleidertradition entstehen zu lassen, auf die sie selber heute zu Recht stolz sind und die sie auch gut finden. Ein sehr smarter Move.

Bevor die Spanier mit ihrer rüden Kolonialisierung begannen,  hatte man in Südamerika nur Alpaka- und Lamawolle. Mit den spanischen Schafen und ihre Wolle kam auch die Technik des Strickens in das südamerikanische Hochland. Und das wird bis heute von den Männern und Frauen der Quechua und Aymara mit einer unfassbaren Präzession ausgeführt. Die Strickmützen der Männer, die Chullos, sind so fein gestrickt, das selbst ein geübter Stricker einen Monat an so einen Meisterwerk sitzt.

Gestrickt werden sie von Männern und von Frauen, getragen bis heute nur von Männern, in einigen Gebieten auch von Kindern. Speziell am Titikakasee (wie zB. auf der Insel Taquile) ist es für die Männer eine Frage des Stolzes, ihre eigene Mütze zu stricken. Man erkennt dann auch an der Farbe und den Muster, woher jemand kommt, ob er verheiratet ist und welches Prestige er hat.

Neben den Mützen der Männer sieht man Trachten heute vor allen Dingen bei den Cholitas, wie die indigenen Frauen im Andenraum Lateinamerikas genannt werden und sich auch selber nennen. Bekannt sind sie vor allem durch den Bowlerhut und ihre großen, weiten Röcke. Cholita bedeutet soviel wie Bäuerin. Heute sind sie allerdings vor allen gute und stolze Händlerinnen. Da zum Glück immer mehr Cholitas mittlerweile zur Mittelklasse des Landes gehören, werden ihre Trachten immer reicher und stolzer. Und immer präsenter.

Bilder, von rechts nach links und oben nach unten: 

  1. Denkmal zum Thema Rache in Tarabucco, Bolivien
  2. Der Silberberg von Potosi
  3. Eine Frau der Urus auf einer der schwimmenden Inseln, die heute wichtiger Teil ihrer Einnahmen durch den Tourismus sind. 
  4. Strickender Mann auf Taquile, einer Insel im Titikakasee die aufgrund der sozialen Funktionen ihrer Textilien zum immatriellen Weltkulturerbe der Unesco gezählt wir.
  5. Eines der unzähligen Trachtenfeste in Huancayo, im zentralen Hochland Perus. 
  6. Präsentation der Bändchenweberei auf dem Markt in Chinchero, in der Nähe von Cusco. 
  7. Sonntagsmarkt in Tarabucco, Bolivien
  8. Typisches Outfilt der Frauen von Tarabucco.
  9. Pop Art Haus des bolivianischen Architekten Freddy Mamani. 
  10. Trachtenfest in Puno, Titikakasee, Peru 
  11. Alte Dame auf dem Sonntagsmarkt in Chinchero
  12. Markttag am Titikakasee, Peru